Wir alle kennen die Situationen aus unserem täglichen Berufsleben leider nur allzu gut. Wieder einmal hat ein Mitarbeiter einen schon benannten Fehler nochmals gemacht, eine Arbeit nicht oder nur mangelhaft erledigt oder kommt, nicht zum erstenmal, auch diese Woche zu spät zur Arbeit.

Sie wollen diesem uneinsichtigen Verhalten auf keinen Fall länger zusehen, und Sie sollen es auch nicht! Denn wenn Sie als Kanzleiinhaber nämlich erst einmal damit begonnen haben, einen Ihrer Mitarbeiter als "Primadonna" zu behandeln - vielleicht deshalb, weil der Mitarbeiter von Ihnen besonders geschätzte Qualitäten besitzt - und damit ein Verhalten zu tolerieren, das den allgemein gültigen Regeln Ihrer Kanzlei nicht nur widerspricht, sondern regelrecht Schaden zufügt, geben Sie praktisch gleichzeitig jedem Ihrer Mitarbeiter die Erlaubnis, seine Arbeit auf seine jeweilige Art und Weise zu erledigen. Wollen Sie das wirklich? Wenn dem nicht so ist, und Sie vielmehr die Früchte konstruktiver Teamarbeit ernten wollen, dann sollten Sie sich solche Ausnahmen nicht leisten. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, ein konstruktives Kritikgespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter zu führen.

Nun sagen wir alle anderen Menschen nicht gerade gern, dass sie einen Fehler gemacht haben und noch viel weniger gern, hören wir selbst, dass wir etwas falsch gemacht haben. Entscheidend für den Erfolg der Kritik ist aber - wie bei sehr vielen anderen Dingen auch - das "WIE". Wie vermitteln wir unserem Gegenüber, dass wir mit seinem Verhalten nicht einverstanden sind?

Denken Sie einfach an einen Ihnen liebgewordenen Menschen, Ihren Lebenspartner zum Beispiel. Welche Bemühungen würden Sie bei einem Gespräch ihm gegenüber machen, um ihn einerseits auf keinen Fall zu verletzen, andererseits aber doch mit Bestimmtheit die Ihnen unangenehmen Dinge zur Sprache zu bringen? Wie könnte in diesem Fall Ihr Vorgehen aussehen? Übernehmen Sie diese Überlegungen ruhig für den Fall eines Kritikgespräches mit einem Mitarbeiter. Ich bin sicher, dass Sie für einen Ihnen liebgewordenen Menschen eine Strategie auswählen werden, die Ihnen verlässlich auch im Umgang mit Ihren Mitarbeitern sehr hilfreich sein wird.

Häufig nehmen wir beim Kritisieren eine väterliche Rolle ein, und unser Gegenüber reagiert dann zu Recht gereizt, wenn wir ihn behandeln, wie ein unerfahrenes Kind. Noch auffälliger wird die eigene Haltung, wenn man die Positionen ganz bewusst in ein Extrem verkehrt. Versetzen Sie sich einmal in die Rolle eines Kindes, das daran geht, seinen Vater oder seine Mutter in ihrem Verhalten zu kritisieren. Können Sie sich vorstellen, wie behutsam und respektvoll das Kind seinen Vater dazu bringen wird, mit ihm übereinzustimmen? Sie tun gut daran, sich ab und zu diese Position in Erinnerung zu rufen.

Negative Dinge sind meist mit heftigen Emotionen beladen. Um so wichtiger für den Erfolg eines Kritikgesprächs ist daher die sorgfältige Vorbereitung. Diese Vorbereitung gibt Ihnen erstens die Gelegenheit, schon vorher etwas Dampf ab zu lassen und damit entspannter an das Gespräch heranzugehen. Zweitens haben Sie Zeit, Ihre persönliche Einstellung zu verändern. Versuchen sie einmal eine völlig neue Perspektive: Kritik an sich ist nichts Negatives. Kritik ist ein Prozess des Förderns! Ein Kritikgespräch ist damit der Beginn eines Förderprozesses.

"Wenn ich jemanden kritisiere, will ich ihm helfen, mehr Erfolg zu haben, eine bessere Leistung zu bringen oder ganz einfach, dass es ihm besser geht."

Dale Carnegie hat dazu bereits 1936 in seinem Buch: "Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst beliebt und einflussreich zu werden" einige sehr interessante Möglichkeiten im Umgang mit Menschen beschrieben:

"Neun Möglichkeiten, die Menschen zu ändern, ohne sie zu beleidigen oder zu verstimmen"

1. Beginnen Sie mit Lob und aufrichtiger Anerkennung.
2. Machen Sie den andern nur indirekt auf seine Fehler aufmerksam.
3. Sprechen Sie zuerst von Ihren eigenen Fehlern, ehe Sie den andern kritisieren.
4. Machen Sie Vorschläge, anstatt Befehle zu erteilen.
5. Geben Sie dem andern die Möglichkeit, das Gesicht zu wahren.
6. Loben Sie jeden Erfolg, auch den geringsten. Seien Sie herzlich in Ihrer Anerkennung und grosszügig mit Lob.
7. Zeigen Sie dem andern, dass Sie eine gute Meinung von ihm haben, und er wird sich entsprechend benehmen.
8. Ermutigen Sie den andern! Geben Sie ihm das Gefühl, dass er seine Fehler spielend leicht verbessern kann.
9. Es muss dem andern ein Vergnügen sein, ihre Wünsche zu erfüllen."

(Dale Carnegie - Wie man Freunde gewinnt, S.289)
Zur Buchempfehlung

Zum Abschluss noch 2 weitere Tipps:

Ihr Erfolg als Kanzleiinhaber hängt davon ab, wie es Ihnen gelingt, Ihren Mitarbeitern zu vermitteln, welches Verhalten für Sie wünschenswert ist. Etablieren Sie daher in Ihrer Kanzlei eine Kultur, die Fehler schnell erkennen lässt und Ihre Mitarbeiter an einer aktiven Fehlerbeseitigung beteiligt. Schaffen Sie eine Kultur, in der Kritik als permanenter Prozess des korrigierenden Feed-Back verstanden wird.