Warum tut sich die Branche mit klientenorientierter Honorargestaltung– Fixhonorare im Vorhinein unabhängig vom Zeitaufwand – so schwer? Ist die traditionelle Zeitabrechnung wirklich so ein gutes Geschäftsmodell? Wohl nicht, wie ich in zwei Büchern dargestellt habe. 

Die Vermutung liegt nahe, dass die Zurückhaltung bei der Preisgestaltung durchaus etwas mit dem Selbstwertgefühl von Steuerberatern zu tun hat. 

Denken Sie an all jene Kollegen aus der Branche, denen es unangenehm ist, das Honorar anzusprechen. Sie bekommen die einfache Frage "Lieber Klient, ist es für Sie o.k., wenn wir jetzt das Honorar besprechen?" nicht über ihre Lippen. Es ist, als ob es diesen Kollegen fast schon peinlich wäre, etwas so banales wie Geld für ihre geleistete Arbeit zu verlangen. Verrückt, oder nicht?

Jeder Preis hat seinen Wert – Ihr Denken bestimmt die Höhe 

Die Höhe eines erzielbaren Preises ist nicht davon abhängig, wie hoch das Preisniveau Ihrer Leistung oder Ihres Produktes ist. Insbesondere deswegen, weil es für Steuerberaterleistungen so gut wie keinen Marktpreis gibt (siehe dazu die Antwort auf die Frage 36 im Buch "101 Fragen zur mandantenorientierten Honorargestaltung"). 

Mindestens genauso wichtig, wenn nicht wichtiger, ist die Art Ihres eigenen Denkens und Ihrer eigenen Ausstrahlung. Je überzeugter Sie selbst von der Gestaltung Ihrer Honorare sind, desto leichter wird es Ihnen gelingen, dies auch Ihren Klienten zu vermitteln. Was im umgekehrten Fall geschieht, können Sie sich jetzt auch genau ausrechnen. Was denken Sie, wie glaubwürdig Sie gegenüber einem Klienten ein Honorar vertreten können, wenn Sie selbst das Gefühl haben: Das ist zu teuer! 

Bevor Sie einen Premium-Preis berechnen können, müssen Sie zunächst selbst davon überzeugt sein, dass Sie es wert sind. Wenn Sie es nicht glauben, werden Ihre Klienten es auch nicht glauben.

Checken Sie Ihr Selbstwertgefühl mit folgenden Kriterien 

 Unsere Mitarbeiter verstehen nicht bzw. viel zu wenig, welchen Wert sie für Klienten schaffen.

Ihr Denken prägt Ihr Verhalten.

Mein Steuerberater = Mein Vertrauter

Zahlreiche Umfragen weisen Steuerberater als die vertrauenswürdigsten professionellen Berater aus. Andere Umfragen zeigen, dass Steuerberater besonders von kleinen und mittleren Unternehmen als die wertvollste Quelle für alle wirtschaftlichen, steuerlichen Fragen angesehen werden. Was ich daher nicht ganz verstehe, ist die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung des Steuerberaterberufs durch die Öffentlichkeit und dem Selbstwertgefühl der Branche, gemessen daran, wie deren Dienstleistungen bewertet werden.

Woran kann der Wert gemessen werden? 

Wenn Steuerberater nach Stunden abrechnen, scheint es unwesentlich zu sein, was genau innerhalb dieser Stunde geleistet wird. Jeglicher Kontakt mit der Arbeit des Klienten ist damit auch gleich wertvoll. Ob Sie nun relativ gedankenlos drei Stunden lang einen Jahresabschluss erstellen, oder ob Sie in denselben drei Stunden durch Lesen von Fachliteratur interessante und aktuelle Erkenntnisse im Steuerrecht gewinnen, die sich unmittelbar positiv auf die Situation Ihres Klienten beziehen. Welcher Drei-Stunden-Block wäre Ihrer Meinung nach wertvoller für den Klienten? 

Ron Baker sagte dazu einmal "Die Messung Ihres Wertes nach Stunden ist wie das Messen der Ofentemperatur mit einem Lineal." Kein Volksschulkind käme jemals auf eine derartige Idee, oder? Gerade bei wissensorientierten Leistungen sind Erfahrung, geschickte Kombination von Lösungswegen, das ganzheitliche Erfassen von komplexen Sachverhalten und generieren von Ideen wertvoller als es irgendein Standardprodukt jemals sein kann. Nur lassen sich Ideen schlecht bepreisen. Die wertvollsten Ideen sind kaum je ein Fließbandprodukt, sondern sie kommen als plötzliche Erkenntnisse auf Basis von sorgfältigem Wissen oder genau dann, wenn die Uhr eben nicht läuft.

Womit verbringen Sie Ihre Zeit? 

Ich denke, das mangelnde Selbstwertgefühl des Berufs zeigt sich auch in einer gewissen Zurückhaltung, höherwertige Dienstleistungen zu erbringen. Berater haben Angst ein höheres Honorar zu verlangen, weil sie bereits mit dem Honorarwiderstand des Klienten konfrontiert sind und daher davon ausgehen, ein höherer Preis wäre nicht durchzusetzen. Der Honorarwiderstand kommt jedoch einem Schrei des Klienten gleich, den Wert einer Leistung verstehen zu wollen, ihn erklärt zu bekommen und nicht notwendigerweise den Preis zu senken. 

Immer wieder lerne ich Steuerberater kennen, die sich selbst deutlich unter Wert verkaufen und zudem immer noch Beratungsprojekte übernehmen, welche längst an weniger routinierte Kollegen delegiert werden könnten. Für hochqualifizierte Anfragen von Klienten haben sie dann schlicht weg keine Zeit. Leider sind sie dadurch häufig zu beschäftigt, um mit diesem Wissen jene Klienten zu beraten, die gerne für dieses Wissen gutes Geld bezahlen würden (Lesen Sie dazu auch "Zu beschäftigt fürs Geschäft?").

Die Ohnmacht der Gewohnheiten 

Steuerberater sind es gewohnt, alle Antworten auf die Fragen ihre Klienten zu haben. Viele Berater sind gerade aus diesem Grund in Sorge, wenn sie einmal keine Antwort oder nicht sofort eine Antwort für ihre Klienten haben. Nachdem Berater also jahrelang nur geantwortet haben, ist es nicht weiter verwunderlich, wenn sie es verlernt haben, gute Fragen zu stellen, um Geschäftsinhabern und Unternehmern wirklich helfen zu können. Standardleistung braucht Antworten. Professionelle Beratung ist allerdings nur möglich, wenn Berater erfragen und verstehen können, was Klienten wirklich wollen. Das heißt Abschied nehmen von lieb gewordenen Gewohnheiten und das Selbstvertrauen zu haben, dass Sie Ihren Klienten weit mehr zu bieten haben, als für die Einhaltung von Gesetzen, Regeln und Normen zu sorgen. Die Art und Weise, wie wertvoll Sie selbst Ihre Leistung betrachten, ist, wie Sie Ihren Wert projizieren.

Sprache und Wert 

Ein Zitat von Werner Erhard sollte in diesem Zusammenhang  besonders zum Denken anregen: "Alle Transformationen sind sprachlich. Wenn wir unsere Kultur ändern wollen, müssen wir unsere Gespräche ändern." 

Steuerberater sollen nicht nur das ändern, worüber sie reden, sondern auch die Wörter, die sie verwenden. Solange in Steuerberatungskanzleien immer noch von Stunden und aufgewendeter Zeit gesprochen wird, wird auch die Nachfrage des Klienten bleiben: "Wie lange brauchen Sie denn dafür?" oder "So lange kann das doch nicht dauern!". Wenn Sie selbst mehr vom Nutzen und vom Wert für den Klienten sprechen, wird Zeit nicht mehr das Kriterium sein. Wenn Sie wertvoll von Ihren Leistungen sprechen, werden Klienten den Wert erkennen! 

Sie haben es in der Hand, diese Transformation zu steuern. Machen Sie sich selbst wertvoll und zeigen damit, dass Sie sich selbst vertrauen! 

Lesen Sie dazu auch "Selbstbewusstsein statt Rechtfertigung"

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