Mag. Stefan Lami - Steuerberatung - Unternehmensberatung

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Der erfolgreiche Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes

Die größten Hürden - und wie sie bewältigt werden können

06.04.2008

Jede neue Umfrage – sowohl bei Klienten als auch bei Steuerberatern – bestätigt die bereits seit langem gewonnene Erkenntnis, dass sich einerseits Klienten zusätzliche Leistungen neben der klassischen Steuerberatung wünschen und sich andererseits Steuerberater vor allem durch den Auf- und Ausbau der betriebswirtschaftlichen Beratung (BWB) Erfolgspotenziale versprechen. Wunsch und Wirklichkeit sind allerdings bei weitem nicht deckungsgleich, weil es nur den wenigsten Kanzleien tatsächlich gelingt, ein erfolgreiches eigenständiges Beratungsfeld BWB zu etablieren. Wie die mit dem Aufbau der BWB verbundenen Herausforderungen bewältigt werden können, möchte ich mit diesem Beitrag vorstellen.

Aus meiner Erfahrung sind es vor allem die folgenden fünf Herausforderungen, denen sich eine Kanzlei beim Aufbau des Geschäftsfeldes BWB zu stellen hat:

1.    Kapazitäten aufbauen versus kurzfristiger Rentabilität
2.    Entwicklung von Standards versus Einzellösungen
3.    „Freiwilligkeit“ versus Pflichtgeschäft
4.    Rolle als Unternehmensberater versus Rolle als Steuerberater
5.    Die Tücken des Cross-Sellings bewältigen

Diese Herausforderungen hängen eng voneinander ab und sind interdependent. Lesen Sie dazu auch „Die 10 größten Fehler in der Unternehmensberatung“.

1. Kapazitäten aufbauen versus kurzfristiger Rentabilität

Die Voraussetzungen für den Aufbau des Geschäftsfeldes BWB sind „am grünen Tisch“ nahezu perfekt:

  • Klienten sind bereits vorhanden.
  • Der Wunsch nach mehr betriebswirtschaftlicher Unterstützung ist gegeben.
  • Der Steuerberater besitzt das Vertrauen der Klienten.
  • Dem Steuerberater wird betriebswirtschaftliches Know-how zugetraut.

Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Auf- bzw. Ausbau der BWB daher unterschätzt wird. Viele Kollegen glauben, den Geschäftsbereich „nebenher“ entwickeln zu können: Der Jahresabschlussmitarbeiter sollte Budgets erstellen, in der Finanzbuchhaltung sollte der Soll-Ist-Vergleich und eine Kostenrechnung umgesetzt werden und der Kanzleiinhaber kümmert sich neben der Steuerberatung bzw. -gestaltung auch um Finanzierungen, Sanierungen und coacht den Unternehmer.

Meine Erfahrungen mit vielen Kanzleien sind, dass diese Vorgangsweise nur äußerst selten zu den gewünschten Ergebnissen führt. Der Aufbau des Geschäftsfelds BWB wird unter diesen Voraussetzungen erst dann zielgerichtet vorangetrieben, wenn Zeit „übrig“ bleibt. Was jedoch nur selten vorkommt. Jedem Klienten würden Steuerberater bei der Gründung seines Unternehmens (oder auch bei der Erweiterung seines Geschäftsfeldes) raten, einen Businessplan zu erstellen. Genau die gleiche Empfehlung spreche auch ich aus, wenn es darum geht, das Geschäftsfeld BWB aufzubauen. Ich rate auch jeder Kanzlei, einen eindeutigen Verantwortlichen für die BWB zu bestimmen. In nahezu allen Fällen ist der entscheidende Schritt, einen zusätzlichen Mitarbeiter für die BWB einzustellen. Wenn man davon ausgeht, dass die Kanzlei bisher ausgelastet war, dann ist es einfach eine irrige Meinung, ein Geschäftsfeld aufbauen zu können, ohne zusätzliche Kapazitäten bereit zu stellen.

Natürlich kenne ich die Gründe, warum Inhaber zögern, einen zusätzlichen Mitarbeiter einzustellen. Tatsache ist allerdings, dass genau das die entscheidende Voraussetzung ist. Eine Faustformel ist, dass pro zehn Mitarbeiter in der klassischen Steuerberatung bei einem typischen Klientenstamm ein Mitarbeiter mit betriebswirtschaftlichen Aufgaben ausgelastet ist.

Der Blick auf eine mögliche kurzfristige Verschlechterung der Rentabilität verhindert eine langfristig positive Entwicklung des Geschäftsfeldes BWB.

2. Entwicklung von Standards versus Einzellösungen

In der Steuerberatung wird üblicherweise sehr systematisch gearbeitet. Ohne Checklisten, Vorlagen, Muster, Arbeitsabläufen etc. könnte keine Kanzlei vernünftig Aufträge erledigen. Genau das Gleiche gilt in der BWB! Auch dort lassen sich für die einzelnen Dienstleistungen (Finanzplanung, Kostenrechnung, Stundensatzkalkulation, Controlling, etc.) Checklisten und Mustervorgangsweisen entwickeln.

Tatsache ist jedoch meist, dass das Rad immer wieder neu erfunden wird. Ich sehe in Kanzleien regelmäßig, dass in der BWB mit klientenindividuellen Lösungen gearbeitet wird und dabei selten bereits vorhandenes Know-how standardisiert eingesetzt wird.  Der Hauptgrund dafür liegt im bereits genannten Umstand, dass keine verantwortliche Person und nur unzureichende Kapazitäten vorhanden sind.

Erfolgreiche Kanzleien arbeiten hart an der Vereinheitlichung und Standardisierung ihrer betriebswirtschaftlichen Beratungsleistungen. Sie verwenden auch ein strukturiertes Dienstleistungsangebot ihrer BWB-Leistungen, in dem der Umfang und der Nutzen der jeweiligen Leistung ausführlich beschrieben sind. Ich spreche in diesem Zusammenhang von einer „Weinkarte“ als Ergänzung zur „Speisekarte“ (für die traditionellen Steuerberatungsleistungen). Weinkarten sind üblicherweise aufwändig gestaltet und sollen dem Gast Gusto auf einen guten Tropfen machen. (Lesen Sie dazu auch „Vom Cross-Selling zum Direct Buying“)

Die Erstellung eines bepreisten Dienstleistungsangebots bzw. eines Musterordners für BWB-Leistungen ist eine zeitintensive Aufgabe, die sich jedoch lohnt, weil Sie damit

  • eine Leistungsübersicht bieten,
  • Ihre Leistungen klar beschreiben und abgrenzen,
  • einen „Zwang“ zur Systematisierung Ihrer Leistungen erreichen,
  • den Nutzen der einzelnen Leistungen beschreiben können und
  • dem Klienten damit eine solide Entscheidungsgrundlage liefern.

 

3. „Freiwilligkeit“ versus Pflichtgeschäft

Im Gegensatz zu Steuerberatungsleistungen hat der Klient bei der betriebswirtschaftlichen Beratung die Wahl, ob er sie beanspruchen möchte oder nicht. Lohnverrechnung, Finanzbuchhaltung, Jahresabschluss und Steuererklärungen sind gesetzlich vorgeschrieben. Im Rahmen der Steuerberatung bleibt dem Klienten lediglich die Wahl des Steuerberaters!

Die Tatsache der „Freiwilligkeit“ der Inanspruchnahme von BWB-Leistungen bereitet vielen Steuerberatern Schwierigkeiten. Sie sind es nicht gewohnt, Leistungen zu verkaufen. Der Klient kostet dieses Unbehagen des Steuerberaters auch aus. Endlich kann er sich einmal entscheiden, ob er beraten werden will!

Betriebswirtschaftliche Beratungsaufträge muss man sich verdienen. Dazu folgende Tipps:

  • Gehen Sie die berühmte Extra-Meile; strengen Sie sich noch mehr an.
  • Investieren Sie in den Auftrag.
  • Zeigen Sie dem Klienten, dass Sie sich interessieren.
  • Geben Sie dem Klienten schon vorweg erste Ergebnisse.
  • Erbringen Sie Vorleistungen und geben Sie dem Klienten aber trotzdem das Gefühl, jederzeit „Nein“ sagen zu können.


Die Grundsätze des Marketings für Beratungsleistungen sind bei der BWB auf Grund der „Freiwilligkeit“ noch ausgeprägter als bei der Steuerberatung und Fixhonorarvereinbarungen werden vom Klienten für BWB einfach erwartet.

Natürlich kommt es immer wieder vor, dass der Klient trotz aller Bemühungen den Auftrag nicht erteilt. Ich empfehle Steuerberatern, mit „Neins“ umgehen zu lernen. Eine Absage ist keine persönliche Niederlage; der Klient ist eben (noch) nicht bereit für betriebswirtschaftliche Beratung.

4. Rolle als Unternehmensberater versus Rolle als Steuerberater

Selbst wenn man die BWB auf die rechnungswesenorientierte betriebswirtschaftliche Beratung eingrenzt, dann stellt man schnell fest, dass dort ein anderer Beratertyp gefragt ist, als in der Steuerberatung. Vereinfachend ausgedrückt: In der Steuerberatung werden Sachverhalte steuerlich analysiert, anhand von gesetzlichen Vorschriften Lösungen gesucht und die Ergebnisse lassen sich vergangenheitsbezogen kommagenau ermitteln. Der Klient ist bei der Lösung der Probleme gar nicht involviert. Er liefert die Unterlagen und ist froh, wenn er damit nichts weiter zu tun hat.

In der BWB sind die Sachverhalte oft nicht so eindeutig, es gibt keine gesetzliche Grundlage für deren Lösung, meist muss mit zukunftsbezogenen Annahmen und Schätzungen (z.B. bei der Finanzplanung) gearbeitet werden und für die Lösung des Problems ist die Mitarbeit des Klienten ein für den Erfolg entscheidendes Kriterium.

Während der Steuerberater die Rolle eines Experten einnimmt, ist der Unternehmensberater eher in der Rolle eines Coachs tätig, der den Klienten bei der Lösung seiner Probleme unterstützt – und nicht selbst das Problem (z.B. Erstellung eines Jahresabschlusses) löst.

Beide Beratertypen in einer Person zu vereinigen, ist enorm schwierig bis unmöglich. Auch aus diesem Grund empfehle ich  für den Auf- und Ausbau des Geschäftsfeldes BWB eine eigene Person einzusetzen (der keine Aufgaben in der Steuerberatung hat).

5. Die Tücken des Cross-Selling bewältigen

Die bereits genannten Vorteile, einen eigenständigen Mitarbeiter für die BWB verantwortlich zu machen, hat zur Folge, dass ein sogenanntes „Cross-Selling“ erforderlich ist, um Beratungsaufträge zu erhalten: Ein Mitarbeiter aus der Steuerberatung, z.B. der Jahresabschlussbetreuer, muss dem Klienten Leistungen „verkaufen“, die ein anderer Mitarbeiter, der BWB-Mitarbeiter, ausführt.

Die erste Tücke des Cross-Selling liegt schon in der Verwendung des Wortes „Selling“. Mitarbeitern in Steuerberatungskanzleien liegt verkaufen genauso wenig wie Klienten etwas verkauft erhalten wollen.

Erfolgreiches Cross-Selling braucht vor allem zwei Dinge:

1.    Ausgezeichnetes internes Marketing:  

Die BWB-Leistungen müssen kanzleiintern sehr gut kommuniziert sein. Alle Mitarbeiter müssen die Vorteile der BWB kennen und brauchen eine solide Grundlage, um die Ansatzpunkte für BWB in ihrer täglichen Arbeit zu erkennen. Erfolgsbeispiele der BWB sollten immer Bestandteil interner Besprechungen sein. Mitarbeiter sollten letztendlich von den BWB-Leistungen überzeugt sein, sodass es ihnen leicht fällt, davon zu schwärmen! (Lesen Sie dazu auch „Kanzleiinternes Marketing“)

2.    Vertrauensaufbau für den BWB-Mitarbeiter:

Das Vertrauen der Klienten in die Kanzlei bzw. den betreuenden Mitarbeiter hat sich über Jahre hinweg aufgebaut. Unter der Voraussetzung eines funktionierenden internen Marketings ist der entscheidende Punkt für einen Beratungsauftrag, dass der Klient auch Vertrauen in den BWB-Mitarbeiter gewinnt. Eine Möglichkeit dafür ist, dass der BWB-Mitarbeiter nach Rücksprache mit dem Klienten an der Bilanzbesprechung teilnimmt und dort sein Know-how einbringt. Wichtig dabei ist, dass der BWB-Mitarbeiter gut vorbereitet ist, er über die Situation des Klienten ausgezeichnet informiert ist, dem Klienten die richtigen Fragen stellt und erste konkrete Lösungsschritte aufzeigt. Erlebt der Klient, dass sein – vertrauter – Steuermitarbeiter im Team mit dem BWB-Mitarbeiter arbeitet, fällt es ihm leichter, dass vorhandene Vertrauen zu übertragen.

Resümee

Die fünf beschriebenen Herausforderungen beim Aufbau des Geschäftsfeldes BWB sind miteinander verbunden und hängen stark voneinander ab. Auch wenn ich sie einzeln beschrieben habe, so müssen sie doch immer gleichzeitig beachtet werden. BWB ist der Steuerberatung zwar sehr nahe, sie ist jedoch letztendlich grundverschieden.

Auf den Punkt gebracht lautet meine Empfehlung: Nehmen Sie den Aufbau der BWB so ernst wie die Gründung der Steuerberatungskanzlei! D.h.:

  • Businessplan erstellen
  • Kapazitäten und Ressourcen schaffen
  • Klare Verantwortlichkeiten definieren
  • Systeme und Standards erstellen
  • Besonderheiten der BWB beachten

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