Von guten Bergführern kann man sich für die Mitarbeiterführung einiges abschauen. Wer schon einmal mit einem (guten) Bergführer eine Tour unternommen hat (z. B. beim letzten Kanzlei.Management.Forum die Klettertour beim Stuibenfall im Ötztal), konnte am eigenen Leib verspüren, wie hilfreich ein erfahrener Experte an der Seite ist, wenn man sich – sprichwörtliche – hohe Ziele gesetzt hat.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was der Bergführervergleich mit Mitarbeiterausbildung* zu tun hat, dann möchte ich Sie zu einem Gedankenexperiment auffordern:

1.     Einer Ihrer Mitarbeiter hat ein „hohes“ Ziel; z. B. die Ablegung der Steuerberaterprüfung.

2.    Sie „führen“ ihn zu seinem Ziel; aber nicht nur dadurch, dass der Mitarbeiter zum Lernen freigestellt wird, sondern indem Sie ihn aktiv unterstützen – und zwar genau dort, wo es besonders notwendig ist (genau das machen gute Bergführer übrigens auch).

Dass dieses Beispiel auch für andere Formen der Ausbildung gelten kann (z. B. Bilanzbuchhalter, Steuerfachangestellter, BW-Manager und die vielen anderen Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich und Deutschland), ist offensichtlich. Dass es unterschiedliche Formen der Unterstützung gibt, ist genauso offensichtlich. Daher wird bis hierhin das Gedankenexperiment für Sie nicht so schwierig sein. Der dritte Schritt ist allerdings eher unüblich:

3.     Genauso wie der Bergführer dafür bezahlt wird, dass er Sie heil auf den Gipfel (und wieder ins Tal) bringt, bezahlt Ihr Mitarbeiter Sie dafür, dass Sie ihn bei der Bewältigung der Prüfung führen (unterstützen). Ja, der Mitarbeiter bezahlt Sie! Wie wäre es mit Euro 500  pro Monat Prüfungsvorbereitung? Durch die Bezahlung hat der Mitarbeiter natürlich einen Anspruch auf Ihre Unterstützung! Übrigens, genauso wie am Berg der Bergführer nicht für Sie klettern kann, muss Ihr Mitarbeiter die Prüfung natürlich selbst ablegen!

Ich kann alle Chefs fast schon hören, wie sie jetzt zu sich selbst sagen: „Na endlich hat einmal jemand die Lage treffsicher erkannt! Genau so sollte es sein.“ Wie ich auch Mitarbeiter hören kann: „Ist er jetzt vollkommen übergeschnappt! Zahlen sollte ich auch noch dafür, dass ich lerne und mein Wissen nachher der Kanzlei zugutekommt?“.

Betrachtet man diese Gedankengänge jedoch kritisch und findet man eine passende Organisation der Prüfungsvorbereitung, dann lässt sich daraus eine Win-win-win-Situation ableiten. Also nicht nur doppelter, sondern dreifacher Nutzen. Hier das Grundmodell:


Der dreifache Nutzen, die Win-win-win-Situation, ist bei dieser Vorgangsweise offensichtlich:

Nutzen 1 – für den Kandidaten:

Nutzen 2 – für die Kanzleiführung:

Nutzen 3 – für die Mitarbeiter der Kanzlei:

Bei diesen Vorstellungen wird wohl nichts dagegen sprechen, Ausbildung in einer derartigen Form zu organisieren. Gibt es einen Haken an der Sache? Natürlich: Alle Beteiligten müssen zu ihren Verpflichtungen stehen. So wie es die Bergführer und Kletterer in ihrem Ehrenkodex auch handhaben!


* Ausbildung ist jegliche Form der Weiterqualifikation, die mit einer Prüfung abgeschlossen wird; nicht jedoch die berufstypische Fortbildung (z. B. in Form von Tagesseminaren zu aktueller Rechtssprechung etc.).