Mag. Stefan Lami - Steuerberatung - Unternehmensberatung

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Service heißt dienen

Pflicht und Kür bei Dienstleistungen

15.10.2012

Steuerberatungskanzleien verdienen durch Dienen. Nicht jedem Steuerberater oder Mitarbeiter fällt es auf Anhieb leicht, diese Tatsache zu akzeptieren. Die eigene berufliche Stellung als Experte wird extrem hoch bewertet; von anderen Dienstleistungsbranchen zu lernen (z. B. Taxiunternehmen oder Restaurantbetriebe),
fällt naturgemäß schwer, wenn das eigene Selbstwertgefühl dem im Weg steht. Bekanntermaßen sieht man nicht, was man nicht sieht.

Ich schlage in diesem Zusammenhang in Beratungsprojekten oder Seminaren oft eine Übung vor, die einen Perspektivenwechsel einleiten soll: Denken Sie ein paar Minuten darüber nach, was Sie an Ärzten stört. Diese Frage ist ein ausgezeichneter Startpunkt, um den Servicebemühungen in Ihrer Kanzlei neues Leben einzuhauchen.

Die für die Ärztebranche aufgestellte Mängelliste umfasst regelmäßig ca. 20 Positionen, z. B. Wartezeit, Arzte hören nicht zu, sie geben wenig Erklärungen, reden in ihrer Fachsprache, es gibt keine Nachbehandlung, sie sind schwer erreichbar, die Praxis hat einen unattraktiven Wartebereich, unfreundliche Arzthelferin, Gespräche werden nicht auf Augenhöhe geführt etc.

Die gerade beschriebene Übung fördert mehrere Erkenntnisse zu Tage: Erstens – und offensichtlich – kommen jedem die folgenden Fragen in den Sinn: Und wie denken Mandanten über uns Steuerberater? Bestehen zwischen Ärzten und Steuerberatern bzw. zwischen Patienten und Mandanten Parallelen? Zweitens – allerdings nicht sofort – erkennt man, dass sich die Einzelpositionen der Mängelliste in zwei große Gruppen aufteilen lassen: Zum einen grundsätzliche, vom Arztberuf unabhängige Kundenbedürfnisse, die relativ leicht mit Freundlichkeit und einer guten Organisation zu erfüllen sind. Auf der anderen Seite arztspezifische Anforderungen, die untrennbar mit dem Kern der Berufsausübung verbunden sind und deren professionelle Bewältigung eine größere Herausforderung darstellt.

Exzellenter Service – die Pflicht

Großartiger Mandantenservice ist wahrlich keine Wissenschaft. Kein Studium, kein Doktortitel ist notwendig, um Mandanten durch Service zu begeistern. Service ist vielmehr eine Grundhaltung, die von allen in der Kanzlei – vom Auszubildenden bis zum Inhaber – gelebt werden muss. Ein begeisternder Service hat sechs Erfolgsfaktoren:

1) Sensibilität, die zumindest dazu führt, den Mandanten so zu behandeln, wie man selbst gern behandelt werden würde. Noch zielführender ist es freilich, den Mandanten so zu behandeln, wie er behandelt werden möchte. Was man als Inhaber, Partner oder Mitarbeiter einer Steuerberatungskanzlei erwartet, wird sich oft deutlich von den Erwartungen des Mandanten unterscheiden. So wird beispielsweise ein vermögender Mandant eine ganz andere Vorstellung von Service und dem Wert einer Leistung haben als ein typischer Mitarbeiter in einer Steuerberatungskanzlei.
2) Freundlichkeit in dem Sinne, sich für den Mandanten als Menschen zu interessieren. Keine aufgesetzte Freundlichkeit, sondern eine aufrichtige Herzlichkeit. Diese Service-Zutat kann nur bedingt gelehrt und gelernt werden. Daher sollten Sie nach Möglichkeit nur solche Menschen in Ihrer Kanzlei einstellen, die sich gern anderen Menschen zuwenden. Ein Lächeln kann man nicht kaufen.
3) Beweglichkeit im Hinblick darauf, vorgegebene Servicestandards der Kanzlei auch einmal beiseitezuschieben, um im Einzelfall eine für den Mandanten passendere Vorgehensweise zu wählen. Ich beschreibe damit keine Dienstleistungsbereitschaft bis zur Selbstaufgabe, sondern jene Flexibilität, die den Mandanten erkennen lässt, dass alles im Rahmen des Möglichen für ihn getan wird. Diese Kompetenz kann geschult und trainiert werden.
4) Hilfsbereitschaft nicht nur bei der Erfüllung der berufstypischen Auftragserfüllung, sondern die aus Überzeugung fließende innere Einstellung, dem Mandanten auch außerhalb der mit dem Kernbereich der Tätigkeiten zusammenhängenden Probleme behilflich zu sein. Wer trägt denn die Kiste mit den Unterlagen zum Auto des Mandanten auf dem Parkplatz vor der Kanzlei?
5) Gastfreundschaft, die den Mandanten als Gast der Kanzlei in den Mittelpunkt rückt. Das bedeutet konkret, dem „Gast“ die volle Aufmerksamkeit zu schenken, für sein Wohlgefühl zu sorgen – vom Moment des Betretens bis zum Verlassen der Kanzlei.
6) Großzügigkeit, wenn es darum geht, Fehler wiedergutzumachen. In jeder Arbeitsbeziehung, auch wenn sie über Jahre ausgezeichnet funktioniert, kommt einmal der Moment, in dem etwas danebengeht. Und in dieser Situation müssen Sie nicht nur den Fehler beheben, sondern mehr tun, als von Ihnen erwartet wird. Gelingt Ihnen das, wird die Mandantenbeziehung weiter gefestigt.

Aus diesen Erfolgsfaktoren lassen sich in jedem Unternehmen Hunderte frischer, den Mandanten begeisternder Ideen für Serviceleistungen ableiten. Sie dienen ferner als Checkliste, mit der Sie täglich überprüfen können, ob Sie die Pflichtaufgaben im Servicebereich erfüllen. Diese sechs Elemente werden von Kunden ganz einfach erwartet, sie sind die Eintrittskarte, um überhaupt im Wettbewerb um serviceorientierte Mandanten mitspielen zu können. Fehlt einer der genannten Bausteine, so ist es übrigens schwierig, ihn durch außergewöhnliche Leistungen in anderen Bereichen zu ersetzen.

Exzellenter Service – die Kür

Spitzenleistungen im Servicebereich können jedoch nie Defizite bei der Erledigung der Kernaufgaben des Steuerberaters ausgleichen. Angenommen Sie buchen einen Flug, mit welcher Fluglinie auch immer, wie beantworten Sie die folgenden Fragen?

  • Möchten Sie ein paar Zentimeter mehr Fußraum oder wäre Ihnen wichtiger, dass Sie pünktlich ankommen?
  • Wären Ihnen ein gutes Essen und große Getränkeauswahl wichtiger als die Tatsache, dass Ihr Gepäck unbeschädigt mit Ihnen am Ziel ankommt?

Wie auch immer Ihre persönliche Präferenz ist, Umfragen belegen, dass die überwiegende Mehrheit der Fluggäste pünktlich ankommen und das Gepäck unbeschädigt vom Band nehmen will. Die kleinen und großen Aufmerksamkeiten der Fluglinie werden zwar als „nice to have“ gesehen, aber letztlich zählt die Kernleistung. Eine noch so freundliche Stewardess kann eine signifikante Flugverspätung nicht wettmachen und professionelles Beschwerdemanagement beim Lost-Baggage-Schalter kann einen Urlaub oder eine Geschäftsreise ohne Gepäck nicht retten.

Das Ziel eines Unternehmens ist es nicht, Umsatz oder Gewinn zu erzielen. Hohe Erträge sind nur die Folgen richtigen Handelns. Das Ziel des Unternehmens ist, attraktive Kunden zu gewinnen und zu halten. Das gelingt auf Dauer nur durch Spitzenleistungen im Bereich der Kernaufgaben. Sei es als Flugpassagier, als Hotelgast, als Bankkunde und natürlich auch als Mandant eines Steuerberaters. Der Königsweg für Dienstleister besteht also darin, auf der Grundlage der genannten Erfolgskriterien für einen großartigen Service die Kernanliegen des Mandanten zu erfüllen.

Adaptierter Auszug aus dem Buch „Spitzenleistungen in der Steuerberatung“

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